Auf Wanderritt - Teil 2: Das Abenteuer beginnt dort, wo Pläne enden
Ich sitze hier mit hochgelagerten Füßen und erhole mich gerade vom Wanderritt ins Burgenland mit meinem Leih-Hafi Nico. Mein Kopf ist voll mit Erlebnissen, die nach und nach zu Erinnerungen werden. Wenn man so viel erlebt hat, braucht es ein wenig, um alles zu verarbeiten. Monatelang habe ich mich irrsinnig auf diesen Ritt gefreut und dann das - fast wäre es mir dann kurzfristig doch nicht möglich gewesen, mitzureiten. Warum? Das erzähle ich dir jetzt alles der Reihe nach.
Am Freitag habe ich meine Sachen gepackt (hier geht’s zum Bericht darüber) und mich auf den Ritt vorbereitet. Ich wollte mit Leih-Pferd Nico am Wanderritt teilnehmen, um meine 21-jährigen Haflingerstute Sissy keinen unnötigen Strapazen auszusetzen. Es plagte mich das schlechte Gewissen – was natürlich völlig unsinnig war. Denn, ich habe Sissy mit meiner Entscheidung entlastet und war ja nur zwei Tage weg. Ich schlüpfte also in meine Turnschuhe, obwohl ich sonst immer sichere, feste Stallschuhe trage. Unbedingt wollte ich meine Sissy noch putzen, und ihr ein bisschen was zu fressen geben. Es war alles sehr stressig. Am Weg zu ihr erledigte ich noch die letzten Besorgungen für den bevorstehenden Wanderritt. Dann hetzte ich raus und putzte sie in Ruhe.
Beim Auskratzen der Hufe fielen mir die langen Eckstreben ins Auge. So wollte ich sie nicht verlassen. Also griff ich wie so oft schnell zu Hufmesser und -raspel und nahm das Problem in Angriff. Bei den Vorderhufen begonnen, kam ich zum linken Hinterhuf. Sissy wurde kurz unruhig, der Huf rutschte mir aus der Hand und landete auf meiner Zehenspitze. Mir wurde schwindlig, ich lief zur Wand, um mich dort festzuhalten. Die schockierten Stallkolleginnen wiesen mich darauf hin, dass ich mich hinsetzen und den Schuh ausziehen soll.
„Nichts passiert!“
Ich tat es ab und wurde dann doch vernünftig, setzte mich hin und zog meinen Schuh aus. Die große Zehe war blutüberströmt. Beim Anblick verlor ich kurz das Bewusstsein. Meine lieben Stallkolleginnen haben mich erstversorgt und nach Hause zu meinen Freund gebracht. Wir ließen es abklären. Gott sei Dank – nichts gebrochen. Die Wunde machte mir aber Sorgen. Der Wanderritt stand für mich auf der Kippe. Dennoch stellte ich mir den Wecker wie geplant auf 5 Uhr und hoffte, dass ich aufwache und plötzlich alles gut ist.
Am Samstag wachte ich schon vor dem Wecker auf, stellte fest, dass ich keine Schmerzen hatte und ging ins Bad, um meine Wunde zu versorgen. Beim Anblick wurde mir erneut leicht übel. Ich versorgte die Wunde, stellte fest, dass sie noch immer leicht blutete und erkundigte mich beim Ärzte-Notdienst telefonisch, ob ich mir deshalb Sorgen machen muss. Da ich keine Schmerzen hatte und die Wunde nur noch leicht blutete, habe ich mich dazu entschieden, am Ritt teilzunehmen - es zumindest zu versuchen! Zu lange hatte ich mich darauf gefreut.
„Nicht die intelligenteste Entscheidung, aber vielleicht die Beste meines Lebens.“
„Wenn ich in die Schuhe komme, reite ich mit!“
Nach diesem Motto trat ich den Wanderritt an, schlüpfte in die neuen Schuhe von Polo Club. Zum Glück waren sie groß geschnitten und gaben mir viel Halt. Ohne diese Schuhe hätte ich unmöglich am Ritt teilnehmen können. Also fuhr mich mein Freund um 05.45 Uhr in den Stall, wo mich die anderen schon erwarteten. Ich packte meine restlichen Sachen und schonte mich noch ein wenig, verabschiedete mich von meinem besorgten und leicht kopfschüttelnden Freund, schaute den anderen beim Verladen zu und stieg ins Auto. Die Pferde stiegen brav in den Hänger und mir machten uns auf den Weg zum Wanderreit-Hof in Söchau – mit einem kurzen Stop bei der Apotheke und zwei kurzen Stops wegen dem süßen Hafi Brutus, der sich zweimal während der Hängerfahrt das Halfter abstreifte.
"Brutus und Indy sind verladen. Die Hänger-Kamera zeigt, dass sie seelenruhig fressen und es kann losgehen."
Angekommen! Gegen 08.00 Uhr kamen wir in Söchau an, die Pferde „checkten“ ein und bezogen ihre Paddocks. Wir verstauten unser Gepäck, putzten und sattelten die Pferde und ritten dann etwas später als geplant um ca. 09.30 Uhr los. Mit Wanderreitführer und insgesamt 11 Reitern starteten wir ins Abenteuer und ritten Richtung Burgenland. Die Pferde kannten sich nur teilweise untereinander und es waren die unterschiedlichsten Rassen vertreten – von Vollblütern, über Warmblütern, einem Noriker und zwei Haflingern. Auch die Reiter waren zusammengewürfelt. Wir hatten also die besten Voraussetzungen für einen abenteuerlichen Wanderritt – aber mehr erfahrt Ihr morgen :-)
Bild- und Textquelle: Haflinger Austria